Türkischer Rechtsextremismus
Türkischer Rechtsextremismus
Türkischer Rechtsextremismus beruht auf (extrem) nationalistischen und rassistischen Ideologien. Eine der bekanntesten Bewegungen sind die Grauen Wölfe („Bozkurtlar“ bzw. „Ülkücü“). Die Grauen Wölfe streben die Vereinigung aller Turkvölker und somit die Bildung eines türkischen Reichs („Turan“) an. Von türkischem Rechtsextremismus sind insbesondere minorisierte Gruppen wie z.B. Kurd*innen, Armenier*innen, Alevit*innen, jüdische Personen und queere Menschen betroffen. Dies äußert sich unter anderem durch (Alltags-)Diskriminierung, Bedrohungen und Gewalttaten.
Die Ursprünge des türkischen Rechtsextremismus
Die Ursprünge des türkischen Rechtsextremismus lassen sich bis ins späte Osmanische Reich zurückverfolgen. Schon damals entwickelten sich erste ideologische Ansätze – der Anfang einer Bewegung, die später politisch organisiert und aktiv wurde.
Die reformistische Bewegung der „Jungosmanen“ (1865-1876) um Denker wie Namık Kemal propagierte einen islamisch-osmanischen Patriotismus mit frühen nationalistischen Tendenzen. Ihre Ideen legten den Grundstein für die spätere Bewegung der „Jungtürken“. Durch einen Militärputsch reißen die Jungtürken („Komitee für Einheit und Fortschritt“) im späten Osmanischen Reich die Macht an sich und erheben den Turanismus zur Staatsideologie, das das „Türkentum“ über alles stellte.
In der Folge entsteht ein exklusiver Nationalismus, der alle Nicht-Türken als Bedrohung betrachtet. Minderheiten werden nicht nur ausgegrenzt – sie werden systematisch bekämpft. In diesem Klima radikaler Ausgrenzung kommt es schließlich zu Genoziden. Führende Namen sind hierbei Enver, Cemal und Talat Pascha.
Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg sah der Vertrag von Sèvres (1920) eine Aufteilung des Osmanischen Reiches vor. Unter Mustafa Kemal „Atatürk“ formierte sich Widerstand, der zur Gründung der Republik Türkei führte. In den ersten Jahren der Republik folgte eine Zwangsassimilierungspolitik, die besonders Kurd*innen, Armenier*innen, Alevit*innen, Griech*innen und christliche Minderheiten betraf – Konflikte, die bis heute nachwirken.
Während der 1930er Jahre pflegte das nationalsozialistische Deutschland gezielte Kontakte zu türkischen nationalistischen Kreisen. Besonderes Interesse zeigten die Nationalsozialisten an turanistischen Gruppierungen, deren Vision eines großtürkischen Reiches („Turan“) sich mit der NS-Ideologie teilweise überschnitt. Parallel dazu etablierte sich in Istanbul eine Auslandsorganisation der NSDAP, die diese Kontakte koordinierte.
Im Jahr 1944 – als sich die Niederlage der Achsenmächte abzeichnete – initiierte die türkische Regierung eine Welle von Verhaftungen prominenter Turanisten, neben Alparslan Türkeş (Gründer der Grauen Wölfe) auch Nihal Atsız – auch weil sie große Sympathien für den deutschen Nationalsozialismus hegten. Er zählt zu den prägenden Ideologen des türkischen Rechtsextremismus. Atsız propagierte die Überlegenheit der „türkischen Rasse“ und hetzte gegen minorisierte Gruppen. Die Angeklagten wurden im April 1945 wieder freigelassen.
Mit der Gründung der „Ülkü Ocakları“ (Idealistenvereine) durch Alparslan Türkeş im Jahr 1966 formierte sich der türkische Rechtsextremismus neu. Die als „Graue Wölfe“ bekannte Bewegung radikalisierte den Panturanismus und Türkismus ihrer Vorgänger – nun mit klarem Feindbild: Linke, Kurd*innen und Alevit*innen. Als politischer Arm entstand 1969 die Milliyetçi Hareket Partisi (MHP), die heute Koalitionspartner der AKP-Regierung ist.
Quellen:
Bozay, K. (2005). Ich bin stolz, Türke zu sein: Türkischer Rechtsextremismus in Deutschland.
Yılmaz, A. & Tellı, R. (2021). Dissident Movements in the Last Period of the Ottoman: A Comparing of New Ottomans and Young Turks.
Deutschlandfunk (2018). Ende des Osmanischen Reiches. URL: https://www.deutschlandfunk.de/ende-des-osmanischen-reiches-neue-wertschaetzung-fuer-einen-100.html